Krankheiten bei Flusskrebsen - Aquaristik


Krebspest

Amerikanische Flusskrebse wie dieser Procambarus speculiver sind oft überträger des Erregers der Krebspest. Ohne dass sie selber erkranken infizieren Sie andere Krebse wei z.B unseren heimischen Edelkrebs Foto:Michael Wolfinger
Amerikanische Flusskrebse wie dieser Procambarus speculiver sind oft überträger des Erregers der Krebspest. Ohne dass sie selber erkranken infizieren Sie andere Krebse wei z.B unseren heimischen Edelkrebs Foto:Michael Wolfinger

Die Krebspest ist wohl eine der gefürchtesten und bekanntesten Krankheiten, die Flusskrebse befallen können. Sie wird von dem Schlauchpilz Aphanomyces astaci ausgelöst. Die Krebspest brach in Europa erstmals 1860 in der Lombardei aus. 1960 wurde dann durch schwedische Krebsliebhaber der Signalkrebs von der West- küste Nordamerikas nach Europa als Ersatz für den Edelkrebs importiert, da dieser wider-standsfähiger ist. Trotz aller wissenschaftlicher Warnungen wurde er in heimische Gewässer eingebracht mit der Folge, dass die letzten heimischen Krebsbestände durch den Signal- krebs, den Überträger der Krebspest, gefährdet und fast gänzlich ausgelöscht wurden, weshalb unser Edelkrebs mittlerweilen auf der Roten Liste steht. Seither hat sich die Krankheit weiter verbreitet, was zu einer fast gänzlichen Aus- rottung vieler Krebspopulationen, insbesondere des einheimischen Flusskrebses, Astacus astacus, führte.

 

Tödlich


Der Krebspesterreger (Schlauchpiz Aphanomyces astaci) unter dem Mikroskop. Foto: Dr. Sandra Lechleiter
Der Krebspesterreger (Schlauchpiz Aphanomyces astaci) unter dem Mikroskop. Foto: Dr. Sandra Lechleiter

Für alle australi- schen und europäi- schen Flusskrebsar- ten wie Astacus, Au- stropotamobius und Cherax verläuft die Pilzerkrankung töd-  lich während alle an- deren amerikanische Flusskrebsarten wie Cambarellus, Orconectes, Pacifastacus und Procambarus zwar ebenfalls infiziert werden, aber daran gewöhnlich nicht sterben. Sie sind gegen diesen Erreger nahezu Immun, da körpereigene Enzyme den Pilz bereits in den äußeren Hautschichten angreifen, ihn einkap- seln und somit eine Ausbreitung in andere Gewebe verhindern. Diese Krebse sind aber nur teilresistent. Wenn sie infiziert werden, kann ihr Immunsystem den Erreger in Schach halten, solange nicht andere Erkrankungen, Stress oder starke Wasserbelastungen hinzukommen. Unter diesen ungünstigen Bedingungen fallen die amerikanischen Flusskrebse der Infektion eben- falls zum Opfer. Entscheidend aber ist, dass sie auch ohne Symptome den Erreger übertragen können! Von daher sind mit amerikanischen Flusskrebsen besiedelte Gewässer als Lebens- raum für unsere einheimischen Edelkrebse auf Dauer nicht mehr besiedelbar. Würden aller- dings alle Flusskrebse aus einem Gewässer entfernt werden, so ist dieses nach wenigen Tagen wieder als Lebensraum von Edelkrebsen geeignet, denn die Schwärmersporen des Erregers haben für das Aufsuchen eines Wirts selbst nur maximal fünf Tage Zeit. Danach sterben die Sporen ab. Der Pilz selbst bildet keine Dauerstadien. Sicherlich ist dies nicht realisierbar, unter praktikablen Aspekten nicht möglich und könnte wenn, dann nur in isolierten, kleinen Gewässern erfolgen, beispielsweise in ablassbaren Teichen wie in der Aquakultur. Die Strategien der Züchter in betroffenen Gebieten konzentrieren sich daher darauf, resistente Arten wie den amerikanische Perocambarus clarkii zu züchten. Alternativ stocken sie ihren Bestand mit heimischen Arten auf und betreiben Aufklärung, um einen erneuten Pilzbefall durch angesteckte Tiere oder verseuchte Geräte zu verringern. Gifte oder Desinfektionsmittel haben Konsequenzen auf die gesamte Biosphäre und sollten deshalb keinesfalls eingesetzt werden. Die Aufklärungskampagne ist vor allem in Nordeuropa sehr bemerkenswert. Die Bevöl- kerung hat in dieser Region eine sehr gute Kenntnis dieser Krankheit, ihrer Bedeutung und die Präventivmaßnahmen (Notfallpläne), die angewendet werden müssen, wenn sich die Krankheit ausbreitet. 

 

Infektion


Ein rasches Wachstum des Pilzes und eine optimale Beweglichkeit der Zoosporen liegen um 20 °C vor. Unter 10 °C und über 25 °C zeigt der Wachstum des Pilzes nur eine einge- schränkte Aktivität und die Krankheit benötigt somit länger bis zum Ausbruch, der aber dann genauso tödlich endet. Die Infektion erfolgt durch Zoosporen, die sich mit Hilfe zweier Geißeln aktiv bewegen können. Bei der Häutung oder beim Tod infizierter Flusskrebse gelangt der Schlauchpilz  Aphanomyces  astaci in dass Wasser  und   produzieren  dort  Unmengen  an

Zoosporen. Diese Sporen bewegen sich mit Hilfe ihrer Geißeln fort und suchen nach einem neuen Wirt. Sie  orientieren  sich bei der Suche nach einem Krebs an der Dichte der von einem möglichen Wirt ausgestoßenen chemischen Substanzen. Hat eine Spore einen Wirt erreicht, so werden die Geißeln abgeworfen und eine Zyste wird gebildet. Die Spore versucht am Ziel einzudringen. Ist sie nicht auf einem Flusskrebs gelandet, bildet sie erneut Geißeln und die Suche nach einem geeigneten Wirt wird fortge- setzt. Dieser Vorgang kann jedoch insgesamt nur zwei bis dreimal wiederholt werden, da durch die Geißelbildung die Substanz der Zelle bald aufgebraucht ist und sie zugrunde geht. Gelangt eine Spore jedoch auf einen Fluss- krebs, bildet sie eine Zyste, dringt in ihn ein, entwickelt sich zum Pilz und breitet sich ungehindert aus. Beim Kamberkrebs, Orconec- tes limosus, nur in den äußeren Hautschichten und beim Edelkrebs, Astacus astacus, sowie Cherax-Arten in nahezu allen Geweben, insbe- sondere der Muskulatur. In Beständen hei- mischer Flusskrebse mit geringer Dichte kann es zum chronischen Verlauf der Pesterkrankung kommen. Durch die geringe Wirtsdichte finden nur wenige Sporen wieder einen Krebs. Dadurch bleibt auch die Sporenkonzentration unter einer kritischen Zahl. Nimmt der Krebsbestand aber zu, wird ein kritischer Punkt erreicht, bei dem es zum epidemischen Ausbruch der Krebspest kommt. Bei nicht zu hoher Krebsdichte und für die Sporen suboptimalen Temperaturen kann ein geringer Teil der Tiere einen Krebspestausbruch überleben, ohne angesteckt zu werden. Es kommt zum Wiederaufbau einer Population, die jedoch bei erreichen der kritischen Dichte wieder zusammenbricht („Pestschaukel“), da die Infektionsbrücke nicht unterbrochen wurde.

 

Andere Übertragungswege


Der Fadenpilz ist sehr widerstandsfähig. Nicht nur Flusskrebse können die Krankheit über- tragen. Er kann über andere Wassertiere übertragen werden, aber auch über kontami-nierte Boote und Fischereiausrüstungen. Bei der Haltung mehrer Krebsearten ist, um eine Ansteckung zu verhindern, auf eine gründliche und genaue Hygiene zu achten. Denn auch mit dem Wasser selbst, dem hantieren mit aqua- ristischen Geräten wie Fangnetzen oder Pflan- zen, die von einem Aquarium ins ander gesetzt werden, kann die Krankheit übertragen werden. Theoretisch langt somit ein einziger infizierter Wassertropfen, um Tiere in einem neuen Aquarium oder Hälterungsbecken zu infizieren. Eine Diagnose konnte bislang nur über sehr aufwändige Laborverfahren gestellt werden. Durch ein von Dr. Oidtmann entwickeltes Ver- fahren kann anhand einer Gewebeprobe eines verstorbenen Krebses mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion ein genetischer Fingerabdruck des Erregers hergestellt werden. So kann innerhalb kurzer Zeit nachgewiesen werden, ob es sich dabei um den gefährlichen Erreger Aphanomyces astaci handelt. 

 

Symptome


Symptome treten frühestens einen Tag nach einer Infektion auf. Diese können sich durch weiße Stellen in der Muskulatur und braune Verfärbungen am Panzer äußern. Die Krebse halten sich auch am Tag im offenen Wasser auf und zeigen sich schlaff. Lähmungserscheinun- gen, Gleichgewichtsstörungen, Verlust von Gliedmaßen, vermehrtes Kratzen am gesamten Panzer können auftreten oder die Tiere verweilen träge und auf der Seite liegend am Boden, bis hin zu Massensterben ganzer Bestände innerhalb kurzer Zeit.

 

Behandlung


Ein Behandlung ist bisher unbekannt. Bei Infek- tion ist mit Verlusten von bis zu 100 % zu rech- nen. Der Verzicht auf eine Vergesellschaftung von amerikanischen und australischen sowie europäischen Arten stellt einen sehr wichtigen Infektionschutz dar! Es muss also als selbst-verständlich angesehen werden, dass der Besit- zer alles versucht, um optimale Bedingungen für seine Tiere zu schaffen. Dennoch können Veränderungen des Umfeld sehr oft zu einem raschen Krankheitsausbruch führen.




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