Krankheiten bei Garnelen - Aquaristik


Pilzinfektionen

Zwerggarnele mit Achlya Befall. Foto: Michael Wolfinger
Zwerggarnele mit Achlya Befall. Foto: Michael Wolfinger

Pilzinfektionen sind in der Aquaristik weit verbreitet. Schon häufig wurde auch über Pilzbefall bei Garnelen und Krebsen, die im Aquariumgepflegt werden, berichtet:

Von plötzlich auftretenden büschelförmigen Wucherungen im Kopfbereich bis hin zu Wucherungen an den Schwimmbeinpaaren und dem Befall der eier bei tragenden Weibchen oder Massensterben von Krebsen in Verbindung mit rotbraunen Färbungen am Außenpanzer. Pilze sind pflanzenähnliche Mikroorganismen (mikroskopisch kleine Lebewesen), die lange zu den Pflanzen gezählt wurden. Da diese aber nicht zur Fotosynthese befähigt sind, werden sie heute als unabhängiger Stamm betrachtet. Aufgrund ihrer genetischen und physiologischen Eigenschaften gelten sie heute als wesentlich näher mit den Tieren verwandt als mit den Pflanzen. Pilze sind unbewegliche, fadenartige, eukaryotische Organismen (Lebewesen mit Zellkern) ohne Plastiden (Zellorgane die fast ausschließlich in Pflanzenzellen vorkommen) und ohne Fotosynthese. Sie beziehen ihre Nahrung aus toten oder lebenden Organismen durch Resorption (Abbau und Aufnahme). Die Grundsubstanz ihrer Zellwände besteht aus Chitin, ihre Sporen werden in kompliziert gebauten Körpern gebildet und ihre zum Teil recht verwickelten Entwicklungszyklen bestehen stets aus ungeschlechtlichen und geschlecht-lichen Phasen.

Durch Pilze verursachte Infektionskrankheiten werden in der Fachsprache Mykosen genannt. Unter diesem Begriff sind alle Pilzerkrankungen zusammengefasst, die sich außerhalb (exogen) eines Organismus, beispielsweise auf der Haut oder dem Panzer, und Pilzerkrankungen, die sich im Inneren des Körpers abspielen (sogenannte endogene Mykosen). Endogene Mykosen werden durch Pilze verursacht, deren natürlicher Lebensraumder Erdboden ist. Die Sporen gelangen vom Bodengrund über die Aufnahme von Nahrung oder Futterresten in die Organe einschließlich der Kiemen sowie in das Muskelgewebe und verursachen granulöse, eitrige Infektionsherde. Exogene Mykosen werden durch im Boden oder auf absterbenden Pflanzen lebenden Pilzen verursacht, die über kleine Verletzungen im Panzer (Epidermis) eindringen und lokale, chronisch granulöse Infektionen hervorrufen.

 

Ursachen eines Pilzbefall


In der Literatur werden zwischen 100 000 und 300 000 Pilzspezies aufgeführt, circa 120 000 Arten sind genauer bekannt und beschrieben, wobei viele Pilzinfektionen eine Folgeerscheinung einer vorangegangenen Krankheit oder einer Schwächung des Immunsystems sind. Pilzsporen befinden sich in jedem gut eingelaufenen Aquarium. Die Sporen sind der Teil des Pilzes, der für die Vermehrung zuständig ist. Treten Pilzsporen nicht übermäßig auf, können sie einer gesunden Garnele nicht gefährlich werden. Sporen sind eine Dauerformund können praktisch ohne Stoffwechsel jahrelang überleben. Finden sie dann ideale Lebensbedingungen, beginnen sie zu keimen und ein Pilzgeflecht (Myzel) zu entwickeln. Ausgangspunkte von Mykosen können auch hier vor allem ungünstige Umweltbedingungen wie Veränderungen der Wasserwerte (z. B. zu wenige Wasserwechsel, zu hohe Wassertemperaturen, Ammoniak- oderNitratwerte), Stress durch Unterdrückung oder Überbesatz in Verbindung mit einer Schwächung des Immunsystems sein. Ebenso können Pilzinfektionen als Folgeerscheinung nach einer Verletzung am Panzer auftreten. Auch eine Übertragung der Sporen bei der Paarung ist nicht auszuschließen. Eine Besiedlung der inneren Organemit Pilzen kann bei einer nicht abgeklungenen Erkrankung zu einem erneuten Ausbruch führen. Diese zunächst harmlosen Schmarotzer führen zu einer Entzündung in den Organen oder an bereits vorhandenen Wunden oder Verletzungen am Panzer, wenn die natürliche Flora gestört ist. Eine Infektion ist meist ein Zeichen eines geschwächten Immunsystems. Dadurch kann eine Garnele in kürzester Zeit mit Pilzfäden überzogen werden, wenn ihre normalen Abwehrmechanismen versagen. Die Pilzfäden, die auch Hyphen genannt werden, verzweigen sich und bilden widerstandsfähige Geflechte, die sowohl exogen nach außen als auch endogen nach innenwuchern können. Begünstigt wird das Pilzwachstum sowohl durch niedrige Temperaturen als auch durch niedrige pH-Werte und stellt sich bei Garnelen als weißer, watteähnlicher Belag oder als rötliche Flecken, (sieh Brand- Rostfleckenkrankheit) mit umg- ebender Rötung oder fadenartige Wucherungen auf dem Panzer dar.

 

Infektionsweg


Die Infektion des Wirtes beginnt mit dem Anhaften oder Eindringen von krankheitser-regenden Pilzen. Dies kann durch Sporen erfolgen die sich in einer Wunde festsetzen oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Beginnt der Pilz im Wirt (Garnele, Flusskrebs) zu wachsen und der Wirt erleidet eine Schädigung mit entsprechenden Symptomen, entsteht aus der Infektion eine Pilzkrankheit, die Mykose. Jedoch ist es möglich, dass der betroffene Wirt sich während der Infektion wehrt und somit das Immunsystem einen Pilz und die zugehörigen Symptome verhindertso, dass die Krankheit nicht ausbrechen kann. Jedoch kann es durch Stress oder eine Schwächung durch andere Faktoren zum Auftreten klinischer Zeichen kommen.


Welche Krankheiten verursachen die Pilze?


Eine relativ kleine Gruppe von Pilzen hat sich auf Warmblüter spezialisiert und verursacht bei Mensch und Tier, aber auch bei Pflanzen unterschiedliche Krankheiten. Hierzu gehören bei Krebstieren die Pilzerreger von Fadenpilzen (Didymaria cambari, überwiegend bei Orconectes-Krebsen), die Rost- und Brand- fleckenkrankheit (Regularion astaci und Cephalosporium leptodactyli), die Krebspest (Aphanomyces astaci) sowie einige relativ harmlose Pilze (Saprolegnia parasitica und Achlya  spp.)  aus  der Familie Saprolegniaceae.

Alle bilden endogene (innere) oder exogene (äußere) Wucherungen, die deutlich mit bloßem Auge erkennbar sind. Viele Pilzarten können auch bei gesunden Garnelen und Krebsen im Darm nachgewiesen werden. Am Boden leben- de Stadien werden mit der Nahrung aufge-nommen, sie sind jedoch harmlos, wenn das Immunsystem intakt ist. Auch Fusarium, wie Fusarium incarnatum, eine weitere Gattung der Schimmelpilze, tritt häufig bei Garnelen auf, vor allem in der Aquakultur. Dieser Pilz beschränkt sich   bei  Garnelen  auf  die Kiemen  und  verur- sacht die sogenannte Schwarzkiemen-Krank- heit (Black Gill Disease).

 

Krebspest


Die Krebspest ist wohl eine der gefürchtetsten und bekanntesten Krankheiten, die zwar keine Garnelen, jedoch die Flusskrebse befallen kann. Vor allem unsere heimischen Flusskrebsarten, der Edelkrebs, ist durch diese amerikanische Flusskrebsarten eingeschleppte Krankheit, fast ausgerottet. Weiter Infos zu diesem Thema finden Sie unter Krebspest.


Wasserschimmel Achlya und Saprolegnia


Pilzbefall mit Achlya bei einem eiertragenden Weibchen.
Pilzbefall mit Achlya bei einem eiertragenden Weibchen.

Beide Gattungen zäh- len zur Ordnung der Wasserschimmelpilze Saprolegniaceae und treten immer sekun- där, also als Folge-erscheinung einer be- reits vorhergegan- genen Schwächung auf (siehe Ursachen eines Pilzbefalls), sehr oft auch nach einer Verletzung oder kurz nach einer Häutung. Da der Häutungsprozess viel Kraft erfordert und dadurch das Immunsystem stark belastet wird, haben die im Wasser befindlichen Bakterien oder Pilzsporen ein leichtes Spiel und es bietet sich eine optimale Gelegenheit, in das Krebstier einzudringen. Diese setzen sich an der verletzten Stelle fest, brechen exogen (nach außen) mit einem wattebauschähnlichen, fadenartigen Geflecht durch und bilden Pilzfäden, welche sich nicht nur exogen ausbreiten, sondern auch endogen eindringen. Ein Befall durch Pilzsporen der inneren Organe (innere Mykosen) erfolgt meist über die Nahrungsaufnahme. Die Sporen gelangen vom Boden über die Aufnahme von Nahrung oder Futterresten in die Lunge. Ist das Immunsystem intakt, können diese der Garnele nichts anhaben, bei Schwächung können sie eine primäre Lungenmykose hervorrufen. Von Lungenherden aus können die Keime (durch Körperhohlräume, hämatogen oder lymphogen) in die inneren Organe einschließlich der Haut und Kiemen gelangen und Infektionen verursachen. Sind die befallenen Organe zu stark durch Pilze geschädigt, so ist eine Heilung kaum möglich und die Garnele stirbt. Eine erfolgreiche Diagnose innerer Mykosen ist äußerlich kaum zu stellen und nur unter einem Mikroskop möglich. Eine Infektion bei Garnelen durch äußerliche Mykosen ist dagegen mit dem bloßen Auge zu erkennen.

 

Symptome


Verpilzte Wunde nach einer Verletzung am Panzer eines Cherax Orange Tip.
Verpilzte Wunde nach einer Verletzung am Panzer eines Cherax Orange Tip.

Eind durch Achlya oder Saprolegnia her- vorgerufene äußer- licher Pilzbefall ist sehr unterschiedlich und als wattebausch ähnlicher, weißer Be- lag, fadenartige hell- grüne Wucherungen auf Panzer und zwischen den Schwimmbeinen oder als  braaune Punkte oder melanisierte Stellen  auf Panzer oder Schreitbeinen zu erkennen. Auch bei eiertra-genden Weibchen kann es vorkommen, dass unbefruchtete Eier von Achlya befallen werden. In der Folge können auch gesunde Eier infiziert werden. Oft wurde berichtet, dass Tiere mit den oben beschriebenen Symptomen am nächsten Tag plötzliche keinen sichtbaren Befall mehr zeigten. Dies liegt daran, dass die Tiere bei der Häutung die sichtbaren Hyphen  mit  der  alten  Haut abstreifen. Somit mei- nen viele Garnelen-

Mikroskopische Aufnahme des Wasserschimmels Achlya sp., 100fache Vergrößerung. Foto: Dr. Gerald Bassleer
Mikroskopische Aufnahme des Wasserschimmels Achlya sp., 100fache Vergrößerung. Foto: Dr. Gerald Bassleer

halter, das Problem habe sich von selbst erledigt, was jedoch ein Irrtumist. Die Garnelen können zwar einige Zeit ohne Probleme mit den Pilzen leben, erfolgt jedoch im Anfangsstadium nicht sofort eine Behandlung, bevor sich die Sporen weiter ausbreiten und die Organe zersetzen, ist die Garnele nicht mehr zu retten. Um also einer weiteren Ausbreitung von Saprolegnia und Achlya vorzubeugen, ist es neben der medikamentösen Behandlung auch wichtig, die primäre Ursache für die Verpilzung zu finden. Wird ein Pilzbefall nicht schnell behandelt, können im weiteren Verlauf nach und nach auch die inneren Organe durchwuchert werden, wobei totes oder schon angegriffenes Gewebe zuerst befallen wird. Aus den Sporen entstehen Pilzhyphen, die in das tote Gewebe eindringen und mit giftigen Enzymen, die an den Garnelen-organismus abgegeben werden, die Zellen auflösen.

 

Behandlung


Oft besteht Verwechslungs-gefahr. Glockentierchen wie bei dieser Fächergarnele, haben auf den ersten Blick große Ahnlichkeit mit einem Pilzbefall. Foto: Salem
Oft besteht Verwechslungs-gefahr. Glockentierchen wie bei dieser Fächergarnele, haben auf den ersten Blick große Ahnlichkeit mit einem Pilzbefall. Foto: Salem

Vorbeugend und un- terstützend mit See- mandelbaumblättern oder Erlenzapfen. Diese habe eine antibakterielle und pilzhemmende Wir- kung. Ein Befall mit Achlya und Sapro-legnia lässt sich bei befallenen Tieren gut mit Malachitgrünoxalat, Crusta Ecto1 sowie mit Fungol von JBL mit der jeweils angegebenen Dosis des Herstellers behandeln, ohne dass die Garnelen Schäden davontragen. Möglichkeiten weiterer medika-mentöser Behandlung finden sie unter Behand-lungsmöglichkeiten Pilzinfektionen.


Symptombilder Pilzinfektionen


Chytridiomycetes Pilzinfektion bei einer Macrobrachium rosenbergii über den gesamten Körper (A). Mikroskopische Aufnahme des Chytridpilz Vergrößerung von 100x (C) und 400x (B). Foto: Journal of Aquaculture Research Development
Chytridiomycetes Pilzinfektion bei einer Macrobrachium rosenbergii über den gesamten Körper (A). Mikroskopische Aufnahme des Chytridpilz Vergrößerung von 100x (C) und 400x (B). Foto: Journal of Aquaculture Research Development
Verpilzte Wunde nach Verletzung.
Verpilzte Wunde nach Verletzung.
Pilzbefall bei einer jugen Red Cherry Garnele im Kopfbereich, Ventral und im Bereich der Schwimmbeine.
Pilzbefall bei einer jugen Red Cherry Garnele im Kopfbereich, Ventral und im Bereich der Schwimmbeine.
Malanisierungen (Braune Flecken) werden ebenso durch Pilze oder Bakterien verursacht.
Malanisierungen (Braune Flecken) werden ebenso durch Pilze oder Bakterien verursacht.
Schwarzkiemenkrankheit bei einer importierten Atyopsis mollucensis verursacht durch Pilz und Bakterien im verschmutztem Transportwasser.
Schwarzkiemenkrankheit bei einer importierten Atyopsis mollucensis verursacht durch Pilz und Bakterien im verschmutztem Transportwasser.
Pilzinfektion durch Achlya im Berei- ch der Schwimmbeinpaare und am Panzer einer Caridina fernandio.
Pilzinfektion durch Achlya im Berei- ch der Schwimmbeinpaare und am Panzer einer Caridina fernandio.



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